Manchmal merke ich, dass die Menschen ihr eigenes Alter grob fehleinschätzen. Zum Beispiel die jungen Mädchen, die sicher im geschlechts-, aber noch nicht gesellschaftsfähigen Alter sind und trotzdem so tun, als würde es alternde Studenten interessieren, ob sie Frauen oder Männer sind. Also jetzt nicht die Studenten selbst, sondern die Kaugummikauerinnen. Wobei das sogar auf dasselbe hinausläuft, denn indem jemand über das Geschlecht anderer nachdenkt, denkt er doch eigentlich ganz automatisch auch über sein eigenes nach. Böse Falle und schließlich erneuter Beweis dafür, dass der Mann alles auf diese Ebene reduziert. Ah, übrigens, da hatten wir es gerade schon wieder: "alternde Studenten", obwohl ich selbst ja noch eher im Mittelfeld liege. Einem selbst sollte es ja nun so eben noch gelingen, sein Alter stets genau anzugeben. Aber bereits unsere Sprache, die ja immer auch Abbild unseres Denkens ist, lehrt uns: Manchmal sieht man ganz schön alt aus. Oder moin Alter. Ja selbst der All-Tag. Alter Tag. Ein neuer, alter Tag, alter Alltag, Aldi. Auch hier gibt es Kassiererinnen, die mit einer Fuchsia- oder Pflaumentönung ihres Haupthaares darüber hinwegtäuschen wollen, dass sie schon so alt sind, dass sie bereits mit der Kasse eine symbiotische Lebensform aufgebaut haben. Vielleicht ist das Färben der Haare dazu notwendige Voraussetzung, sozusagen ein Balzverhalten um die Gunst der neuen IBM-Kasse. Da ist der Weg nicht weit zu Arcor, die in Funk und Fernsehen mit dem brandneuen Archetyp des rothaarigen Internet-Nutzers zu einer weltweiten Erneuerung des Klischees der Rothaarigen beigetragen haben. Jetzt werden nicht mehr sogenannte Hexen verbrannt, glücklicherweise, sondern die Rechnungen der Telekom. Ein toller Fortschritt. Schön anzusehen sind denn auch die raren Fälle lässiger Cowboys, die sich in als Abiturientenkneipen bekannten Etablissements gern mit vermutlich knopflosen Oberhemden zeigen, deren doch etwas flattrige Erscheinung erfolgreich durch sehr streng, ja eng anliegendes Beinkleid kompensiert wird. Interessanterweise scheint auch hier wieder das Haupthaar eine Rolle zu spielen, denn diese Art Mann hat meist auch gefärbte, nämlich meist blond oder schläfig-grau, und schön helmartig angebürstete Zotteln, die von Insidern als Vokuhila bezeichnet werden. Die Fehleinschätzung des eigenen Alters liegt auch hier unmissverständlich vor, denn der richtige Platz für diese Leute ist doch mehr das Pantoffelkino. Ich meine, sie können sich ja ruhig ein Mädel schnappen, die wird dann sowieso irgendwann einsehen, dass sie zu alt für den ganzen Scheiß ist und ihr eine pflegeleichte Omma-Dauerwelle eigentlich echt gut steht.
''Und der Bordstein war hart''\n\nUnd der Bordstein war hart. Das merkte ich jedenfalls, als ich seitlich elegant mit der rechten Hälfte meines Allerwertesten dort aufschlug. So ein Mist... obwohl... eigentlich verfliegt der Schmerz ja schnell. Dumm nur, dass der Mantel nun doch leicht angedreckt war. Merkwürdigerweise begann ich jetzt, eine Art Kausalitätskette aufzubauen: War etwa der Alkohol schuld? Nun, das wäre nichts neues und selbst der Gedanke daran ist nichts neues. Auch der Gedanke, dass der Gedanke daran nichts neues ist, kommt mir nicht sehr innovativ vor. Wenn aber der Alkohol herhalten sollte, dann musste es doch immerhin noch einen tieferen Grund geben. Zum Beispiel die Art der verzehrten Getränke oder deren Mischung. Ein leckerer Apfelkorn mit Zimtaroma war ja auch dabei. So wegen Nikolaus. Den hatten wir ja gratis bekommen... also den Schnaps. Ach ja, ich hatte nicht allein getrunken. Also waren auch mehrere Apfelkorn im Spiel! Das musste der Grund sein. Vielleicht war es aber vielmehr der Zimt, der verdammte Zimt aber auch! So eine teuflische Mischung, da musste das ja passieren. Wenn der Zimt nicht irgendwo gewonnen würde, ja womöglich angebaut würde, na dann!! Was ist Zimt eigentlich. Sicher ein Nachtschattengewächs oder aber eine Gewürzmischung, so wie Curry. Es kann nur eine dieser beiden Sachen sein. In jedem Fall hatte jemand den Zimt oder die Basis dafür angebaut und Geld dafür kassiert. Dafür, dass ich mich hier jetzt langgelegt hatte! Möglicherweise muss es auch nicht immer Zimt sein. Ich überlegte, ob ich durch unkontrollierten Gänseblümchenanbau in letzter Konsequenz zum peinlichen Sturz eines Politikers von irgendeiner Bühne beitragen könnte. Aber welcher sollte das dann sein. Jetzt erschien es mir doch etwas abwegig, die in grausamer Kinderarbeit gepflückten Gänseblümchen mit dem Dreck an meinem Mantel in Verbindung zu bringen. Was überhaupt ist Dreck. Zunächst einmal Biomasse, also tote Gänseblümchen, und Dieselruß. Da schließt sich also endlich der Kreis. Zufrieden bemerkte ich, wie der Schmerz nachließ, was vielleicht mit an der Wirkung der vorher konsumierten Betäubungsmittel lag. Und auch der Dreck an meinem Mantel relativierte sich schnell, als ich ihn mal mit der Masse unseres Planeten in Bezug setzte. Schön übrigens, dass jetzt im nahenden Winter nicht mehr überall die toten Karnickel herumwesen. Nach Murphy sterben sie nämlich genau dann mitten auf unseren sonst gräten- und unkrautfreien Wegen, wenn in den nächsten Tagen eine unerbittliche Sommerhitze zu erwarten ist, die die eigentlich morgendlich jungfräuliche Frischluft mit süßlichem Gestank versetzen wird. Ach, deshalb ist die kalte Winterluft immer so angenehm frisch. Fressen Karnickel eigentlich auch Gänseblümchen?
Weiteres\nSekunden
''Manu Socei: Plot für eine Diaserie''\n\nWir sehen den Mann. Er sieht ganz normal aus. Natürlich schaut er nicht in die Kamera, das wäre in diesem Fall einfach unprofessionell. Eigentlich sollte er besser über den Betrachter hinwegsehen. Im Hintergrund vor allem Himmel, Enden von langhalsigen Gebäuden, die in den modernen Himmel ragen. Dieser moderne Mann ist zumindest kein Yuppie, nein, das würde nicht passen. Ein akademischer Pullover passt hier viel besser. Man achtet sicher auch auf die Haare. Es sollte eine Frisur sein, die als solche nicht erkennbar ist. Oder besser: als Nicht-Frisur deutlich erkennbar ist. Sicherlich einige Strähnen. Länge fast egal, aber nicht zu lang und vor allem nicht zu kurz. Weder Techno- noch Martial-Ästhetik. Dieser Mann ist kein Macho.\n\nEr steht auf. Aha, das impliziert natürlich: Vorher hockte er. Oder sowas ähnliches. Nun erkennt der Betrachter auch, dass es nichts bringt, der Figur eine Insektenbrille mit orangenen Gläsern zu verpassen. Vielmehr ist der Mann insgesamt jeansblau bis erdbraun. Eine im urbanen Umfeld durchaus als Tarnbekleidung geltende Aufmachung. Schlichter Stil. Das Bild wurde solange belichtet, dass die Bewegung des Mannes Streifen hinterlässt. Das ist trendy, aber durchaus funktional. Sähe doch ein messerscharfes Bild hier tendenziell geposed aus. Posen passt nicht zu einem Kerl, der eine gewisse natürliche Schönheit hat. Wir erwarten: eine ehrliche Person.\n\nWieder das Gesicht. Nun aber ist im Hintergrund gerade das zu sehen, was sich zunächst im Rücken des Betrachters befand. Denn der Mann geht wirklich von dem Ort weg, wo er gehockt hat. Er hat sich abgewandt und ist weggegangen. Fokussieren seine klaren Augen etwas? Helle Augen. Das betont Ehrlichkeit, Verlässlichkeit... vielleicht ist er WG-Bewohner? Wenn ja, wer sind seine Mitbewohner? Vielleicht interessiert ihn das in diesem Augenblick gar nicht. Erneut ist ein schöner Himmel mit leichten Wolken zu sehen. Eigentlich müsste es dem jungen Mann heute sehr gut gehen. Vielleicht bewegt er sich zwischen zwei Gebäuden. Aber das kann der Betrachter noch nicht wissen. Wenn es so ist, dann stehen die Gebäude weit genug voneinander entfernt, um den Blick auf den Himmel zu ermöglichen. Hoch genug sind sie jedenfalls, um die klassischen Schatten zu werfen.\n\nEr schlendert, und das kann man sagen, weil er auf den Boden blickt, an einer stahlglasigen Fassade entlang. Die Gebäudekante links ist noch zu sehen, und so wird am Bildrand noch ein wenig vom Himmel preisgegeben. Drei Uhr mittags? Höchstens fünf Uhr abends. Herbst. Rechts macht sich schon Grau breit. Der Betrachter schaut von links nach rechts und folgt dem Mann ins glänzende Grau. Kein Kommerz, weil kein Konsum, keine Käufer. Überhaupt: keine weiteren Personen. Geht es nur um diese eine Person? Ein wenig Sonnenlicht spiegelt sich in Glas an der Gebäudeecke, Glanz. Expo-Ästhetik? Man würde zumindest sagen: Hier ist nichts los. Noch schaut man dem jungen Mann schräg entgegen. Doch irgendetwas im Bild sagt uns: die Person wird vorbeilaufen. Vorbei an der Gebäudekante, entlang der Fassade, vorbei am Betrachter. Geht alles am Betrachter vorbei?\n\nNun von hinten. Die Figur in Form eines schneller Laufenden. Zwischen zwei Gebäuden! Wohin rennt er denn? Die beiden Gebäude ähnlich, aber nicht gleich, doch wirken sie in etwa gleich hoch, sagen wir mal: unendlich hoch. Eine Verbindung zwischen den Gebäuden, eine gläserne Brücke verdrängt den Himmel, nur noch wenig oben in der Bildmitte, keine Wolken. Unterhalb der Brücke nur der Mann. Keine Menschen im Brückentrakt. Einsamkeit. Der Beobachter fühlt sich merkwürdigerweise nicht als Teilhaber dieser Szene. Vermutlich ist das Motiv schon zu oft benutzt worden. Laufende Person von hinten, glänzendes Glas, azur. Nach Flucht sieht es nicht aus. Eine gewisse Sterilität schafft Distanz. Ist das der Sinn und Zweck stahlgläserner Gebäude? Majestätische Klotzigkeit, unnahbare Spiegelung, bewohnerlose Fassade, Stille. Möglicherweise irgendwo Leben. Versteckt im schalldichten Käfig, doch vermag es den Läufer zu beobachten, zu verfolgen.\n\nUnd wieder von vorn. Hektik nicht nur in der Kameraführung, sondern auch im Gesicht des Mannes. Trotzdem nicht der Blick zum Betrachter. Die Brücke im Rücken, der Kopf bedeckt halb den leblosen Trakt. Wind vor allem wegen des zügigen Laufs. Helligkeit. Die Gasse zwischen den Gebäuden ist überwunden, denkt man. Was denkt der Mann. Geht es um Zeit? Oder nur um Raum? Geht es um die Bewegung als solche oder gibt es ein Ziel? Doch wo ging es denn wirklich los. Erst jetzt soll der Eindruck aufkommen, dass den jungen Mann bereits etwas beschäftigt hatte, noch bevor das erste Bild entstand. Mehr Leben, mehr Nähe, mehr Beteiligung, der Betrachter hört den Läufer atmen. Spannung wird aufgebaut, denn vermutlich werden die nächsten Bilder Klarheit bringen: was mit dem Mann geschieht. Und was vielleicht vorher mit ihm gewesen ist.\n\nStehenbleiben. Keine Bewegung beim Mann. Nur Empfangshaltung gen Himmel. Die Arme aber nicht hochgehalten, sondern eher die Hände auf Hüfthöhe, Handflächen nach oben. Augen geschlossen. Kamera blickt von schräg oben herab. Nur Boden, kein Gebäude. Dunkle urbane Bodenversiegelung, kein Grün. Gab es überhaupt bereits etwas grünes? Die Kamera nicht frontal, sondern leicht seitlich, denn lässig und professionell wird auch hier nicht in Richtung des Betrachters agiert. Ach, daher das Unbeteiligte an der Sache. Gutes Bild, wirken lassen.\n\nDer Mann liegt nicht im Dreck. Sein Kopf ist auf einen Arm gebettet. Die Kamera hat sich etwas gedreht. Bewegung nur in der Kameraführung, erkennbar an erneuten kreisbogenartigen Schlieren im weiterhin grauen und von oben herab gefilmten Bild. Keine Müdigkeit, denn gerade noch hatten wir Rastlosigkeit. Eher Verstecken, Deckung, Leid. Der Betrachter sucht auf den Mann projiziertes Weltleid. Verwöhnte Gören spüren einen Kampf, den sie selbst nicht führen. Zeit, sich über namenlose Qualen in identitätsloser Welt Gedanken zu machen. Sehnsucht wonach? Die Bilder schlossen Freiheit nicht aus. Individualität? Einzeln sein? Und doch Teil sein? Bestätigung? Unspezifische Irritation.\n\nBlick über einen Pulloverhaufen mit verschlossenem Gesicht. Wind in den Haaren. Unten der Mann, oben der Himmel. Rechts noch ein Gebäude. Das obere Ende ist erkennbar. Die Gebäudekante zerschneidet ein wenig Licht. Leichte Wolken. Stille. Ist der Mann tot?\n\nWir halten alles, was wir machen, für Kunst.
''Nicht für den Flohmarkt''\n* Passbilder\n* Brille\n* Siegerurkunde\n* Urlaubs-Postkarten\n* Fahrradschloss (ohne Schlüssel)\n* leere Kiste Bier\n* Kassenbon\n* alter Personalausweis\n* Abiturzeugnis\n* Familienfotos\n* Loch in der Wand\n* abgefahrene Reifen\n* Kalender von '97\n* Einkaufswagen\n* der Wachturm\n* Bafög-Bescheid
''Die einigermaßen lustige Reise des Maurers Lasurski in das Land der Wurbeltiere''\n\nSchipenski war ein Pole. Lasurski nicht. Eigentlich ist das auch ganz egal, denn Lasurski war so ein unglaublich aufgeschlossener Mensch, der trotz seines häuslichen Wesens, immerhin war er Maurer, gerne mal eine Reise unternahm. Auf seiner letzten Reise passierte vor allem eins: Sein Gepäck kam abhanden, und so zahlte ihm die Fluggesellschaft, Maur Air, etliche hundert DM, also nicht Drogeriemärkte, sondern Deutsche Märkte, ach quatsch, Deutsche Mark, damit er sich Kleidung und Hygieneartikel kaufen konnte, sowie später noch einige Märker mehr, als das Gepäck einfach nicht auftauchen wollte ( - Lasurski fragte sich, wie die Fluggesellschaft so sicher sein konnte, dass das Gepäck untergegangen war). Jedenfalls war ihm die Barzahlung nicht unrecht, konnte sie doch mit Leichtigkeit gegen den tatsächlichen Wert des mit zwei schweißgetränkten Feinripp-Unterhemden und drei Bermuda-Shorts prall gefüllten Yves-Rocher-Kosmetiktäschchens anstinken. Man möge nun nicht denken, Lasurski wasche seine Unterwäsche nicht. Es ergab sich nur zu der Zeit, dass der Last-Minute-Flug derart last-minute war, dass keine Zeit für aufwändige Reinigungsarbeiten geblieben war. Der weitere Verlauf des Urlaubs war dann auch nicht mehr so spannend, Klamotten kaufen können hätte Lasurski auch in einer Kleinstadt in Westfalen.\n\nKapitöl 2 - Ausflug nach Rom: Der Besuch in der italienischen Hauptstadt war für Lasurski eine besondere Herausforderung. Zum einen professioneller Art (es dauerte einige Monate, bis er das Kolosseum wieder in ursprünglicher Schönheit aufgebaut hatte), zum anderen sicher auch geistiger Art. Der Autodidakt brachte sich mit freundlicher Unterstützung der örtlichen Bevölkerung die wichtigsten Elemente der dortigen Umgangssprache bei und konnte schon bald Maurerkellen und Jalousie-Lamellen nicht unerheblich herunterfeilschen (um sie dann doch nicht zu kaufen), sowie dort völlig unbekannte, exotischste Speisen bestellen, um sich an dem dann quasi zu seiner Überraschung servierten Mahl zu laben. Wie eigentlich anlässlich eines jeden seiner Ausflüge brachte er auch diesmal ein kostbares Kleinod mit nach Hause: ein Miniaturmodell (aus Duroplast) des heruntergekommenen und halb abgetragenen Mauerwerks einer ehemaligen Vergnügungsstätte, bevor er sie unter Einsatz seines Lebens restauriert hatte. Immerhin hatten ihn ganze Heerscharen latent konservativer Bürger Roms daran hindern wollen, Hand an das Wahrzeichen der ewigen Stadt zu legen. Entsprechend war auch diesmal der Flug recht eilig organisiert, wollte unser Protagonist sich doch unperforiert wieder zu Hause einfinden.\n\nLasurski kannte sich bereits bestens mit der von etwa 80% aller Biologen dieses Planeten benutzten Klassifizierung der uns bekannten Fauna aus, als er endlich eine Reise in das Land der Wurbeltiere unternahm. Diese spannende Unternehmung schloss den Versuch mit ein, einen S-förmigen See im Hochland des gigantischen Areals nach einer bisher unbekannten Art des Schnabeltieres zu durchkämmen. Freilich wusste Lasurski erst hinterher, dass die Art vorher unbekannt war, und auf seine Entdeckung hatte er es auch eigentlich nicht angelegt, als er mit der Durchkämmung begann. Wie üblich hatte er dabei Haarwachs auf den Kamm gegeben, weshalb der See jetzt übrigens eher I-förmig ist, und mit den ätherischen Substanzen des Produktes ein Exemplar dieser seltenen Art des Schnabeltieres angelockt. Das possierliche Tier fraß den Kamm direkt auf und ließ Lasurski nur 3 Mikrosekunden Zeit, eine Fotografie des Vorgangs (und dabei eben auch des Tieres) anzufertigen. Noch heute sind sich Experten uneinig darüber, ob das frühen Ufo-Aufnahmen ähnelnde Bild überhaupt als ausreichender Beweis für die Existenz der Art gelten dürfe. Entsprechend gilt Lasurski in bestimmten Kreisen als Held, doch andere Helden machen große Kreise, quatsch, Bögen um ihn. Er hält die Geschichte für einigermaßenen Wurbel, und macht heute keinen großen mehr darum. Uns jedoch werden seine Abenteuer für immer unvergessen bleiben.
Wenn man in diesen Tagen so aus dem Fenster schaut, ja allgemein im täglichen Umgang mit so einigen Mitmenschen, so fragt man sich häufig: Gibt es überhaupt Dinge, die nicht noch schöner sein könnten? Man hört und sieht ja irgendwie nur schlechtes. Wie genau man das ändern soll, ist zwar gar nicht mal klar, aber sicher ist: das kann man besser machen. Die TV-Programmzeitschriften machen das ganz gut vor, denn die Titel-Tanten sind in der Regel nicht blass und kontrastarm abgebildet, sondern mit den tollsten Filtern nachbearbeitet, so dass sie am Ende aussehen wie gemalt. Obwohl da der Versuch einer Verbesserung gegenüber früher erkennbar ist, muss man feststellen: so richtig gut ist denen das gar nicht gelungen. Aber was heißt das denn überhaupt: "schön"? Nun, zu konkreten Fällen lassen sich die Verbesserungsmöglichkeiten oft ganz leicht finden: das Girokonto könnte voller sein, die Kassiererin beweglicher, das Essen in der Mensa leckerer. Ein Bekannter aß neulich bei seinem Bruder eine Stulle mit //Bressot// darauf. "Hmmmm!" sprach er, "das schmeckt ja gut!" - na, kein Wunder: bei näherem Hinsehen bemerkten die beiden, dass auf der Packung stand: "Jetzt noch leckerer!" - ja dann!
[[Alter]]\n[[Bordstein]]\n[[Diaserie]]\n[[Flohmarkt]]\n[[Lasurski]]\n[[Leckerer]]\n[[Sekunden]]\n[[Weisheiten]]\n[[Wohnung]]
''Kurze Entscheidungen über lange Sekunden''\n\n//performed live at the Subrosa Hafenschänke//\n\nDas ist doch beinahe jedem schon passiert: man steht vor einer Weggabelung, bzw. an einer Kreuzung, so mitten im urbanen Dickicht unserer schönen Weltstadt, und muss sich möglichst schnell für links oder rechts entscheiden, und das ist noch nicht einmal politisch gemeint. Wahlweise auch oben oder unten, na auf jeden Fall kann das lange dauern, und wenn man dann lang genug nachgrübelt, so hätte man gleich irgendeinen Weg nehmen können, auch wenn es der längere gewesen wäre, denn man hat ja schon so lange darüber nachgedacht, dass der eventuelle Zeitgewinn eines wirklich kurzen, oder sagen wir mal gleich: des optimalen Weges bereits verloren gegangen ist... Grund genug, eine Art Spontaneitätstheorie ins Leben zu rufen. Dogma: Handele in derartigen Situationen irgendwie. Denke bloß nicht darüber nach, denn das könnte relativ lange dauern! (Denkbare Erweiterung: Gehe nicht über Los und ziehe nicht DM 4000,- ein!) Ich bin fast sicher, dass uns immer eine der in so einer Situation gegebenen Alternativen sowieso geradezu anlächelt, um uns die spontane Entscheidung noch leichter zu machen. Denn so schwer ist das mit der Spontaneität gar nicht. Man muss sich da etwas üben. Beispielsweise kann beim Weg-Problem eine Regel wie "immer links herum" hilfreich sein. Mit dieser Klappe erschlägt man gleich noch eine zweite Fliege: man wischt den Besserwissern, die einem raten, nicht vom *rechten* Weg abzukommen, satt eins aus. Eine Ableitung des Weg-Problems ist dann zweifellos das Problem: Wie entkomme ich dem Handzettel bzw. dem Promoter? Hier muss nicht immer wieder neu überlegt werden. Entweder ich nehme immer, was es gibt, dann muss ich in der Regel nachher einen Papierkorb aufsuchen, oder ich lehne grundsätzlich alle Gaben dieser Art ab, was dazu führt, dass man den einzigen Kuli, den es während des Sommersemesters geschenkt gab, verpasst. Schenkt man Murphy Glauben, ist zudem das Resultat jeder Entscheidung maximal schlecht, es sei denn, durch ein positives Resultat lassen wir uns zu noch größeren Dummheiten bewegen, Geduld wird eben belohnt. Jedenfalls ist dann jedes Überlegen sowieso vergeblich, wieder ein Punkt für die Spontaneitätstheorie. Zuletzt besteht also nur noch die Frage: Was macht der erfolgreich spontane Mensch mit der vielen Zeit, die er nun letztlich gewinnt? In der Anfangszeit wird er laufend zu früh am Bus stehen, pünktlich zur Arbeit erscheinen und auffällig entspannt wirken. Besonders das zu früh sein wird den Menschen, der nach Zeitoptimierung strebt, aber stören. Er nimmt sich also mehr Zeit für sich und schreibt zuhause einige Gedanken auf, die er dann aus lauter Langeweile anderen Menschen vorträgt.
...bzw. erstmal nur "Poesie" von Alex
Tahiti Beach
''Unvollendete Weisheiten''\n* raus oder\n* was geht\n* the more you know\n* nachts um\n* rent a\n* ja, aber\n* einmal durch?\n* mit\n* 26 an 41\n* und dann?\n* es war einmal\n* wenn's nicht schmeckt\n* wenn's mal wieder länger dauert\n* der junge Mann ne Scheibe Wurst?\n* kann ich mal?\n* Füße runter da\n* da geht einiges\n* so nicht\n* or else\n* wetten, dass?\n* und wenn nicht?\n* aber...
''Willkommen auf tahitibeach.free.fr!''\n\nAußer der "Poesie" auf dieser Seite gibt es noch das neue Tahiti Beach Blog unter:\nhttp://tahitibeach.blogspot.com/\n\nDie Pflege des Blogs ist leichter als die Bearbeitung dieser Site, daher wird sich in Zukunft das meiste wohl dort abspielen. Am besten einfach //beides// bookmarken ;-)
''Manu Socei: Wohnung.optimal''\n\nZweiter Tag in der fremden Wohnung. Als ich aufwache, schaue ich nicht einmal auf die Uhr, Zeit ist im Grunde egal. Ich finde mich schon erstaunlich gut zurecht: Kaffeefilter, Q-Tips, Computer-Arbeitsplatz, Orangensaft. Alles da. Und das, obwohl ich mich in Südfranken auf dem Land befinde. Ich sehe ein, dass es etwas überheblich ist, mit regelmäßigen Unterbrechungen der elektrischen Stromversorgung zu rechnen. Ich gehe ein bisschen in der Wohnung umher. Die Art der Raumnutzung hat für mich erhebliche Vorteile: der Doktorand geht morgens weg und kommt abends wieder. Ich zahle nichts. Wenn man von verdorbenen Lebensmitteln einmal absieht, riecht es auch nicht schlecht in der Wohnung. Gestern morgen wollte ich Weichkäse essen, aber ich fand ihn schon sehr alt und eklig. Er nannte das "gut durch" oder so ähnlich. Die Milch, die ich nachmittags zur Herstellung einer heißen Schokolade verwendete, beurteilte ich als "OK", aber als er abends wieder da war und ich ihn darauf hinwies, dass sie nun aufgebraucht sei, meinte er: "Aha, die war noch gut?" - beim Brot waren wir uns einig, dass es nicht mehr gut war. Sollte kein Problem darstellen, denn er hatte ein frisches oben drauf gelegt. Ach, ich bin da tolerant.\n\nIch weiß nun, dass Geschirr mehrfach verwendet werden kann, ohne gespült zu werden. Freilich würde das nicht jeder so machen. Ich meine, das ist schon interessant, wie sich in spezielleren Gefäßen, die nicht allzu häufig benutzt werden, kleine Enklaven des Lebens bilden, feinste Strukturen und Linien, Pelze, deren Form mich an Fraktale und deren Farbe mich an seine Fingernägel erinnert. Über was promoviert er eigentlich? Ich beschließe, heute doch einen Spaziergang zu machen. Es ist kühl, aber trocken. Genau wie in der Wohnung. Soll ich überhaupt vor die Tür gehen? Halt, heute will er zum Mittagessen herkommen. Ich bin sehr gespannt, was wir essen werden, denn das letzte in seinem Kühlschrank, was ich für essbar hielt, hatten wir gestern abend zu einem breiigen Allerlei zusammengerührt. Ich kenne sowas noch aus meiner Studienzeit, die Mensaköche damals bewiesen nämlich ein erstaunlich ökonomisches Denkvermögen. Da wurden Reste eines Tages ganz kreativ zu Beilagen oder Pizzabelägen des nächsten, es gab vermutlich nur einen Grundstoff für Suppen, Soßen, Sahnedessert, und dabei schließe ich die Pampe, in der der zumeist welke Salat in aller Regel jämmerlich ertrank, nicht aus. Jeder meckerte, aber alle gingen hin. Das waren noch Zeiten.\n\nSein Computer startet fast genauso schnell wie meiner, was mich wundert, denn es ist ein Gerät von der Sorte "Und für DM 5,99 bekommen Sie diese Multimedia-Lautsprecher noch dazu". Der Drucker veranstaltet geschlagene 3min lang ein ohrenbetäubendes Geknatter, ich vermute, dass er kommunizieren will, der Computer aber den Treiber noch nicht geladen hat und er (der Drucker) sich daher nicht über das Anschlusskabel, sondern old-school-like über Sprache (oder sowas ähnliches, jedenfalls: Schall) mitteilt. Ich suche die Typenbezeichnung des Gerätes und bin enttäuscht, dass es nicht R2/D2 heißt. In dem Fall hätten die Entwickler noch einen gewissen (Galgen-) Humor bewiesen. An der Leistung der Sinnesorgane meines Bekannten muss ich aber spätestens zweifeln, als sich das Monitorbild aufbaut. Die Wiederholfrequenz erinnert an frühe Stummfilme. Obwohl das Teil behauptet, dies sei "optimal", gelingt es mir, 85Hz einzustellen. Der Monitor explodiert nicht. Ich frage mich, ob der Doktorand Angst hatte, etwas kaputt zu machen, tatsächlich schon sehr schlecht sieht, insgesamt eine dermaßen grobe Wahrnehmung hat oder zu denen gehört, die es glauben, wenn ihnen jemand oder etwas (und sei es nur ein Dialog auf dem Computerbildschirm) mitteilt, eine Sache sei "optimal". Ich lege eine mitgebrachte CD in das Laufwerk des PCs ein und freue mich, dass sie in angenehmer Lautstärke abgespielt wird. Die Multimedia-Lautsprecher haben keinen Bass, ich glaube, der ist beim Transport durch die klapprigen Kunststoff-Gitterchen herausgefallen.\n\nIrgendwann bin ich fertig mit meiner Arbeit und sehe mich weiter um. Sein Bücherregal beheimatet eine Menge Druckwerke, die von Zeitungsverlagen kommen, ja sogar die Logos einschlägiger Magazine tragen: "Men's Health", "GQ", usw. In einem Buch verrät die Autorin(!), wie man allzu brave Frauen "wild" macht. Ich denke: "vom Wollmäuschen zum Tollhäuschen", lache kurz und betrachte wie bei einem Daumenkino die Abbildungen in dem Buch. Tatsächlich ergeben sich streckenweise Filmausschnitte. Die nacheinander abgebildeten Sex-Stellungen gönnen dem geneigten Betrachter nämlich eine recht gemäßigte Steigerung des Akrobatik-Faktors. Einen Bruch gibt es, als auf einmal beide Personen stehen. Hier befindet sich sogar ein Lesezeichen, von Amazon, aha, und ich vermute, dass er diese Stellungen besonders mag, weil er dann der potenziellen Partnerin sein nicht allzu frisches Bett ersparen kann.\n\nIch habe genug Zeit, und so zähle ich die leeren Klopapier-Rollen, die sich im Bad türmen. 45. Immerhin verfangen sich darin die Wollmäuse, so dass man ungehindert zur Toilette (Sprenkel-Design) vordringen kann. Ich gehe sogar nochmal schnell zurück in die Küche, dort hatte ich irgendwo eine Flasche aggressiven Reinigers gesehen. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich mein Bekannter ausgemalt hat, am Ende meines Aufenthaltes eine recht saubere und allgemein verbesserte Wohnung vorzufinden. Da unterschätzt er mein Durchhaltevermögen. Ich beginne nun, mir Möglichkeiten der Sabotage zu überlegen. Auf seinem Computer eine zeitgesteuerte Aktion einrichten, die ein paar Tage nach meiner Abreise Daten löscht, verändert, an Freunde (oder Feinde) verschickt, im Internet publiziert. Vorher sollte ich Detailaufnahmen der Wohnung einscannen und auf dem PC ablegen. Die Webseite wird seinen Namen enthalten und bei knapp 50 Suchmaschinen angemeldet werden.